Gossip: Indie-Punk goes Dancefloor

Ich hatte geahnt, dass - seinerzeit noch "The" - Gossip unterschätzt sind und habe mir dennoch ein Gossip-T-Shirt bei KRS in Portland bestellt. Aber dass Beth Ditto, Hanna Billie und Nathan Howdeshell eines Tages über Beyoncé und Michael Bublé in den Euro-Charts hinwegklettern, das hätte ich nicht gedacht. Dass sie mal so massenkompatibel werden, dass sie auf MTV laufen! Immer häufiger wäge ich morgens oder vorm Weggehen erstmal ab, ob ich das T-Shirt lieber in den Schrank zurücklege, damit ich nicht irgendwelchen Teenies im gleichen Outfit begegne.



Das ist das "Heavy Cross", das die Fans einer Indie-Band zu tragen haben, die sich auf eine Zusammenarbeit mit der Produzentenlegende Rick Rubin eingelassen hat. Und dann heißt das neue Album auch noch "Music For Men". Ja, was ist denn das für ein Ansatz? Ach so, ein trashiger, schwuler, ergo ironischer:



Früher waren Gossip nach eigener Aussage (und laut meinem T-Shirt-Aufdruck) ein akustischer "Soul-Punk-Klash". Nach den ersten Anfängen als Punkband entwickelten die drei beim Label Kill Rock Stars in Portland ihren charakteristischen Sound: eingängige und doch raue Bass und Gitarrenlinien, hüpfende Offbeats und dazu Dittos Soulröhre. In ihren Videos tummelten sich Grrrls mit Bubikopf in Cowboyhemden auf Häkelrunden, und die Frontfrau zeigte nicht nur auf der Bühne, sondern auch auf diversen Magazincovers viel nackte Haut.

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Aber hat sich mit dem Major-Deal bei Sony/Columbia viel geändert? Ja insofern, als dass die Plattenfirma eine Menge Geld in die Produktion von "Music For Men" gesteckt hat. Rick Rubin zu engagieren war das eine, Werbung für die Platte bei ProSieben zur Hauptsendezeit ein weiteres, und auch den Videos sieht man das größere Budget an. "Love Long Distance" ist Animationskino und kein Homevideo mehr.



Und musikalisch? Früh haben Fans und Kollegen erkannt, dass die Songs von Gossip sich 1A für den Dancefloor eignen. Nicht wenige Soundbastler machten sich daran, Remixes zu erstellen - man denke da nur an "Standing In The Way Of Control", das schon auf der Platte als Bonus in der Nightwax Nite Version mitgeliefert wurde oder an Le Tigres Abmischung. Auch Mr. Rubin wollte den Pop einigen Songs des neuen Albums nochmal herausstreichen und den kantigen Rotzrock abschleifen. Das gelang, wie im Fall von "Heavy Cross", mit neuen veränderten Rhythmen und extra Keyboards.

Ganz anders funktioniert "Dimestore Diamond": Ein Downbeat-Track, der an die Rockmusik der an die 80er erinnert, ein wenig wie Foreigners "Jukebox Hero", nur dass der Song nie abgeht. Nathan bezeichnet den Song sogar als "Krautrock". Nein, Gossip haben sich nicht angepasst und ihre Bandbreite auf Clubtauglichkeit runtergekürzt. Dafür steht der Song "8th Wonder", der alles hat, was einen Gossip-Knaller ausmacht: Tempo, diesen Rhythmus, der einen ganz zappelig macht, handgemachten Krach ohne technischen Schnickschnack, eine Prise mitschwingende Schwermut und nicht zu vergessen einen Text mit einer kritischen, aber aufbauenden bis hoffnungsfrohen Message.




Für mich sind Gossip derzeit eine der besten Band für alle, die Tanzmusik lieben, aber Konventionalität und Stangenware ablehnen. Eine Band, die man sich ruhig auf's Shirt schreiben kann...


Mehr zu Gossip auf ihrer offiziellen Website gossipyouth.com, bei myspace, last.fm und Wikipedia.
Say NO – UNiTE

Musikvideo im Fokus - Listen up!

Tina Dico - "Count To Ten (live @ Inas Nacht)"

FrauenMusikZitate

I will keep performing on my own, too, because so much of what I feel is important about the music is how much I can do by myself, or how much any human being can do on their own. And I think, especially, women need to hear that more and more, and need to see a woman doing more on her own.
As much as people may think that's unnecessary anymore, it's my experience that it's really good for women of all ages to see other women being really weird and bizarre and loud.

Merrill Garbus alias tUnE-yArDs (2010)